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04.11.2025

Sparkasse Wetzlar: Muss für Partei Die Heimat Girokonto einrichten

Die Sparkasse Wetzlar ist verpflichtet, für den Bezirksverband Mittelhessen der NPD-Nachfolgepartei Die Heimat ein Girokonto zu eröffnen und zu führen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Gießen auf die Klage des Bezirksverbands entschieden.

Im September 2023 hatte die Sparkasse Wetzlar den Antrag des Bezirksverbands auf Eröffnung eines Girokontos abgelehnt. Sie führte an, nach dem Sparkassenrecht nur zur Eröffnung von Konten für natürliche Personen unter Beachtung des Regionalitätsgrundsatzes verpflichtet zu sein. Ferner bestritt sie die Existenz und Rechtsfähigkeit des Bezirksverbands. Zudem begründete sie die Antragsablehnung mit wichtigen Gründen des Einzelfalls: Aus einem Verfassungsschutzbericht ergebe sich, dass die Partei Die Heimat (dort unter dem Namen NPD) als verfassungsfeindlich einzustufen sei.

Hiergegen suchte der Bezirksverband um gerichtlichen Rechtsschutz nach. Mit Erfolg: Das VG Gießen gab seinem Klagebegehren statt. Der Anspruch des klägerischen Bezirksverbands gegen die Sparkasse Wetzlar auf Eröffnung eines Girokontos sei als öffentlich-rechtlich und nicht als privatrechtlich zu qualifizieren, weil die Sparkasse als Anstalt des öffentlichen Rechts im Bereich staatlicher Daseinsvorsorge tätig werde und deshalb als Teil der vollziehenden Gewalt einer unmittelbaren Grundrechtsbindung – und damit auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz – unterliege.

Da die Sparkasse Wetzlar bereits für Gruppierungen anderer politischer Parteien Girokonten eröffnet und so eine entsprechende Verwaltungspraxis etabliert habe, sei sie als Anstalt des öffentlichen Rechts und unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, auch dem klägerischen Bezirksverband ein Girokonto einzurichten und zu führen. Die Eröffnung und Führung eines Girokontos sei nicht nur für natürliche Personen Teil des öffentlichen Auftrags der Sparkassen.

Die Sparkasse könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Partei Die Heimat die Nachfolgeorganisation der NPD sei und verfassungsfeindliche Ziele verfolge. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe die NPD nicht verboten, obwohl diese Partei mit ihren Zielen die Grundprinzipien missachte, die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbar seien. Für solche als verfassungsfeindlich bezeichnete Parteien komme als Sanktionsmöglichkeit der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung in Betracht. Ansonsten bleibe es aber mit dem BVerfG bei dem Grundsatz, dass ein darüberhinausgehendes Einschreiten der Exekutive, das den Bestand einer politischen Partei betrifft, nach derzeitiger Rechtslage ausgeschlossen ist. Dies gelte auch, wenn diese Partei der freiheitlichen demokratischen Grundordnung feindlich gegenübertrete.

Das VG hat die Berufung zugelassen.

Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 03.11.2025, 8 K 2257/23.GI, nicht rechtskräftig